A Weekly Digital Diary
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Brief aus Berlin

 

Willkommen!

Herzlich willkommen zu unserem Brief aus Berlin!

Diese Woche nehmen wir die online Filmvorführung von Christoph Kellers 3 Selbstversuche zum Anlass, ein Essay über seine künstlerische Praxis, die sich mit der Art und Weise befasst, wie Wissen disziplinübergreifend gesammelt und organisiert wird, abzudrucken.

Bitte beachten Sie, dass diese Links zur wöchentlichen Filmauswahl temporär sind: Die Filme können nur bis Sonntagabend, Berliner Zeit, angesehen werden.

Wir möchten Sie auch auf die online Vorführung von Ari Benjamin Meyers Arbeit an der Volksbühne, ein neues Interview mit Gabriel Kuri, seine Lesung und einen Podcast von Julia Scher's Security von Julia aufmerksam machen.

Alles, was Sie vielleicht in unseren Social Media-Kanälen verpasst haben, finden Sie auf Continuity, unserer digitalen Plattform.

Bleiben Sie gesund.
 

Christoph Keller – 3 Selbstversuche – Filmscreening für dieses Wochenende

Christoph Keller, Drehen bis ich umfalle, 2008, 5 min, SW, kein Ton, aus 3 Selbstversuche, 2008, digitales Video (3 Filme)

Drehen bis ich umfalle, 2008
In dieser Video-Arbeit sieht man mich, wie ich mich unter eine offensichtlich von der Decke herabhängenden Kamera begebe und beginne, mich um die eigene Achse zu drehen. Der Blick ist dabei stets direkt in die Kamera gerichtet. Ich drehe mich etwa fünf Minuten lang immer weiter, bis die Drehbewegungen durch den Schwindel schließlich unkontrolliert werden und ich zu Boden falle.

Lass es raus - Plapperei, 2008
In diesem Video beginne ich ohne gezielte Richtung schnell aus mir heraus zu sprechen. Der Versuch ist nicht vorbereitet, was die gesprochenen Inhalte und den Ablauf angeht. Die Sprache ist Englisch.

Ohnmacht durch Hyperventilation, 2008
Es handelt sich um 5 Versionen eines Selbstversuches, bei dem ich ins Bild trete, in die Hocke gehe und 7-10 mal hyperventiliere, dann ruckartig aufstehe und mir mit beiden Händen auf den Solar-Plexus drücke. Dadurch verliere ich das Bewusstsein, bzw. falle in Ohnmacht und stürze vor die Kamera hin, wo ich jeweils etwa 10 Sekunden lang regungslos liegen bleibe. Sobald ich das Bewusstsein wiedererlangt habe, wende ich mich direkt an die Kamera und spreche über das, was ich gerade erlebt habe.




"Don't try is at home", wurde früher im Fernsehen gesagt, als die Leute noch fernsahen. Jetzt versucht jeder alles zu Hause und postet es überall. Vorschläge für Selbstversuche sind im Überfluss vorhanden.

Aber der Selbstversuch hat eine sehr lange Geschichte. Er nimmt ein ziemlich beängstigendes Kapitel in der Geschichte der wissenschaftlichen Entdeckungen, insbesondere der Medizin, ein, das von relativ harmlos bis katastrophal reicht, vom Studium des Nachbildes, das durch sanften Druck auf die Augen entsteht, bis hin zur Selbstinjektion von Tierblut, syphilitischem Eiter oder - bevorzugt in dieser Liste - Kokain. Die letztgenannte Substanz war Gegenstand von Sigmund Freuds ausgedehnten Selbstversuchen, und einer kurzen Bestandsaufnahme zufolge scheinen Neurologen und Physiologen des 19. Jahrhunderts mit Sicherheit zu den produktivsten (Selbst-) Experimentatoren gehört zu haben.

Die moderne "Experimentalisierung des Lebens", ein Begriff, der von einem umfangreichen wissenschaftsgeschichtlichen Forschungsprojekt geprägt wurde, um einen Prozess in der europäischen Geistesgeschichte zu beschreiben, der um 1800 begann und zur Neugestaltung von Wissenschaft, Kunst und Technologie führte, ging über die Suche nach wissenschaftlichen Entdeckungen hinaus und beeinflusste viele anderen Bereiche der intellektuellen und künstlerischen Tätigkeit.

Wie die Forschungsgruppe es ausdrückte: Nachdem sich die experimentelle Physiologie als eine der paradigmatischen Disziplinen des 19. Jahrhunderts etabliert hatte, wurden auch die Psychologie und die Linguistik zu laborbasierten Vorhaben. Experimentelle Kulturen entstanden danach an verschiedenen Orten, wie zum Beispiel in literarischen Bewegungen, die auf Automatismus, Aleatorik und Kombination aufbauten. Neue Medien wie Fotografie und Film veränderten die bildenden Künste und die Wissenschaften. Städte wurden zu weitläufigen Erfahrungsfeldern, in denen Menschen alle möglichen Experimente des Lebens durchführten.

Dieses Vermächtnis, sowohl die wagemutigen Selbstexperimente der Physiologen des frühen 19. Jahrhunderts als auch der späteren Avantgarde-Künstler, wird in Christoph Kellers Kurzfilmen evoziert. Sein Interesse an wissenschaftlichen Methoden wird weiter im einleitenden Text über Kellers Praxis ausgeführt.
—Isabelle Moffat
 

Christoph Keller

Christoph Keller, Encyclopaedia Cinematographica, 2001 (Detail), 40 DVDs mit Endlos-Loops von Bewegungsabläufen von 40 Tieren, gezeigt auf 40 TV-Monitoren.

Die blinden Flecken unseres Denkens interessieren mich.
Christoph Keller




Die künstlerische Praxis von Christoph Keller kreist um die Frage, woher wir wissen, was wir wissen. In seinen Werken artikuliert sich seine kontinuierliche Auseinandersetzung mit den Mechanismen, wie Wissen entsteht, aus Beobachtung und Empfindung in Überzeugung verwandelt, durch explizite oder implizite Annahmen geformt und schliesslich in Modellen organisiert wird. In verschiedenen Rollen - darunter Naturforscher, Forscher, Wissenschaftler, Okkultist, Journalist, Versuchsperson - beschwört, rekonstruiert und mitunter inszeniert Keller in seinen Arbeiten aufgeladene Momente der Wissenschaftsgeschichte, wissenschaftliche Modelle und ihre utopischen Visionen. Vergleichbar mit ausgedehnten Fallstudien in der Wissenschaft entwickeln sich seine Projekte aus der Auseinandersetzung des Künstlers mit anderen Disziplinen und dem teilweisen Eintauchen in deren vielfältige Methodologien. Seine Installationen, die oft an Versuchsanordnungen erinnern, übersetzen seine Erkenntnisse in den Kontext seines eigenen künstlerischen Denkens und in die Räume von Kunstausstellungen als privilegierte Orte der Betrachtung und Analyse.1

Einer der Schwerpunkte liegt auf der Wissenschaftsgeschichte, insbesondere auf vergessenen oder marginalisierten Wissensgebieten. Mehrere von Kellers Installationen, Filmen oder fotografischen Projekten setzen sich mit bestehenden historischen Instanzen auseinander: literarische Werke, die philosophische Modelle verinnerlichten, die psychologischen Interessen einer engen künstlerischen Avantgarde im Berlin der 1920er Jahre, ein entdecktes medizinisches Archiv oder ein abgebrochenes behavioristisches Filmprojekt aus den 1950er Jahren.2

Häufig wählt der Künstler ausgefallene wissenschaftliche Untersuchungen als Fokus seiner künstlerischen Erkundungen, indem er jene Momente der Entdeckung nachzeichnet, in denen die Verflechtungen von wissenschaftlicher Methode, technologischen Apparaten und mythischen Strukturen Gestalt annehmen und die gegenseitige Verquickung der Disziplinen sichtbar wird. Diese Momente zeugen vom ständigen Auf und Ab der wissenschaftlichen Modelle, von der Wankelmütigkeit der erkenntnistheoretischen Standards und ihren sich verändernden Parametern - Veränderungen, die einen Wissenschaftler*in für ihre Genauigkeit berühmt machen können, während die anderen von früherem Ansehen in die Marginalisierung abdriften können. Keller hat einmal gesagt, dass er als Archäologe solcher Fälle von intellektuellem Abdriften fungiert: "...einige meiner Arbeiten könnten als Versuch gesehen werden, Subjektivitäts- und Existenzmodi zu reaktivieren, die von der Mainstream-Wissenschaft verdrängt oder marginalisiert worden sind "3

Christoph Keller, Cloudbuster Projekt, 2003, Clocktower Building, New York

Kellers Arbeit erfindet präzise kalibrierte Formate, die mit dem Thema seiner Projekte in Resonanz zu stehen scheinen - eine skulpturale Nachbildung & Reenactment des von Wilhelm Reich erdachten Cloudbuster-Apparats, ein Dokumentarfilm mit ausführlichen Interviews & kuratorisches Projekt oder eine Installation einer schwebenden verspiegelten Spirale in Bezug auf einen literarischen Ansatz zur Bewusstseinserweiterung mit Publikumsbeteiligung in einer experimentellen Komponente.4

Die Praxis eines Künstlers, der radikal über viele Medien hinweg arbeitet, kann für ein Publikum eine Herausforderung darstellen, selbst wenn die traditionelle Trennung zwischen Malerei und Skulptur, Fotografie und Druck immer fließender geworden ist. Während sich die Definition dessen, was ein Kunstwerk konstituiert, immer weiter erweitert und das Konzept der “medium specificity” weithin umstritten ist, hat sich die Auseinandersetzung mit der Eigenart eines Mediums als wichtigem Kennzeichen künstlerischer Differenziertheit und Strenge erwiesen. In ihrem wegweisenden Essay von 1978 schrieb die Kunsthistorikerin Rosalind Krauss: "Aber was von einem Standpunkt aus als eklektisch erscheint, kann von einem anderen Standpunkt aus als streng logisch angesehen werden. Denn in der Situation der Postmoderne wird die Praxis nicht in Bezug auf ein bestimmtes Medium - die Skulptur - definiert, sondern vielmehr in Bezug auf die logischen Operationen einer Reihe kultureller Begriffe, für die jedes Medium - Fotografie, Bücher, Linien an Wänden, Spiegel oder die Skulptur selbst - verwendet werden kann. "5

Künstler wie Keller, die die Besonderheit eines Mediums je nach individuellem Projekt bewusst einsetzen, scheinen besonders aufmerksam auf die aufgeladene Formengeschichte eines Mediums, die Bedeutung technologischer Methoden und die Fülle kunsthistorischer, kultureller und sozialer Konnotationen zu achten. In der reflektiertesten und konzeptuell agilsten Form, jedwedes Projekt durch eine formale, seiner konzeptuellen Basis angemessene Ausführung zu artikulieren, erlaubt dieser Ansatz Keller, ein Medium als bedeutungsreiches Zeichen einzusetzen.

Christoph Keller, Ceppo Sradicato (series of black and white photographs), 2019 (Detail), Silbergelatineabzug auf Ilford Warmtonpapier, 38 x 56,5 cm each (ungerahmt, 7-teilig)

Ausstellungsansicht: Christoph Keller, Hito Steyerl, Tao Hui, Esther Schipper, Berlin, 2019
Photo © Andrea Rossetti

Für Keller ist die Arbeit mit mehreren Medien zu einem integralen Bestandteil seiner Praxis geworden, indem er deren assoziative Geschichte und die damit verbundenen Bedeutungen in die Projekte einfließen lässt. Dazu können erkenntnistheoretische Modelle aus diversen und sehr unterschiedlichen Disziplinen gehören: Anthropologie, Verhaltenstheorien, Physik, Wissenschaftsgeschichte, rand- oder pseudowissenschaftliche Erkundungen oder die Entwicklung technologischer Apparate und Medienwissenschaften. Die formale Heterogenität fügt sich zusammen um die konsequente Aufmerksamkeit des Künstlers für die strukturelle Logik jeder Operation: Form, Medium, Installation und Ausstellungsbedingungen werden sorgfältig aufeinander abgestimmt, ihre individuellen Konnotationen orchestriert, um ein Zusammenspiel zu erreichen und gleichzeitig die Offenheit der Werke zu bewahren.

Das intensive Nachdenken des Künstlers über Medien und Fotografie (die in ihrer theoretischen Definition als eine Praxis verstanden wird, die neben den Vorgaben ihrer technischen Apparate auch die Bedingungen ihrer Produktion, Distribution und Rezeption bestimmt) ist ein Beispiel für Kellers Spiel mit den komplexen Assoziationen eines Mediums. In der Verbindung von Elementen des Fotografischen und des Filmischen erfand Keller in seiner frühen Karriere Verfahren zur fotografischen Zeiterfassung: Er entwickelte Kameras, die den Film während der Belichtung transportierten, schuf so genannte Rundumbilder, die Bewegung und damit auch Zeit registrierten. Die Überwindung der Begrenzungen des Mediums - beeinflusst von experimentellen und strukturalistischen Filmemachern wie Bruce Connor, Maya Deren oder Stan Brakhage - bestimmte die Parameter des formalen Resultats.6 Die Bilder scheinen die Perspektive des Fotografen in ein zeitliches Kontinuum aufzulösen, einen technologisch unterstützten Prozess, der psychologische Abläufe hervorruft, nämlich die Auflösung eines unveränderlichen Selbst und das Bewusstsein seiner Bewegung in Zeit und Raum. Die umfangreiche Serie von Rundumbildern - die fast schon ein Archiv darstellen - thematisierte zeitgenössische theoretische Diskussionen, wie die Indexizität der Fotografie, die Dauerhaftigkeit des Kinos, den Erfahrungsaspekt der Kunstbetrachtung und die Auflösung des Autorensubjekts.

Christoph Keller, Menschen am Alex, 2000 (Detail), signiert, Lambda-Color, 13,2 x 123 cm

Doch neben den Bildern selbst waren die Konstruktion der Apparate, ihre Entwicklung und anschliessend ihre Registrierung 1995 als Patent - eine bewusste künstlerische Geste, um das Werk dem Patentamt einzuschreiben, als wäre es ein Museum - entscheidende Bestandteile von Kellers Projekt.

In der Dokumentation seiner Projekte wird ein weiterer Aspekt der Zeit eingekapselt: Die Fotografien fungieren als Aufzeichnungen eines künstlerischen Projekts, artikulieren also implizit Zwischenräume und konstruieren eine narrative Logik. Die Fotografien führen zusätzliche Bedeutungsschichten ein, die die Installationen ergänzen und als kohärentes Werk für sich allein stehen. So wird z.B. der Akt der Übertragung des Baumstumpfes eines römischen Baumes in einen Galeriekontext in einer Bildfolge eingeschlossen, die weit über die reine Dokumentation hinausgeht und zu einem aufgeladenen Zeichen historischer, sozialer und künstlerischer Transformation wird.

Andere fotografische Projekte, wie Kellers Appropriation von in gerasterten, formalen Anordnungen installiertem Archivmaterial oder seine filmischen Kompilationen, berufen sich auf einen wichtigen Aspekt der strukturalistischen Sprachanalyse: Die Wiederholung signalisiert dem Betrachter, dass rohe Materie transformiert wird, Form und Bedeutung erhält. Während die ordnende Funktion des Rasters als formale Darstellung von Bildern z.B. von "Chemtrails" oder Fotos von US-Botschaften auf der ganzen Welt einen rationalistischen Ansatz nahelegt, läuft der konspirative Inhalt der Bilder der Rationalität zuwider und widersetzt sich der Auferlegung von Ordnung. Diese Werke erzeugen eine subtile Spannung und machen sowohl die Gewalt als auch die Instabilität von Klassifizierungen deutlich spürbar.

Christoph Keller, Chemtrails-Projekt (1-3), 2006, Raster mit C-Print auf Papier, je 72,7 x 103 cm (gerahmt, 3-teilig)

Keller hat sein Werk als "offene Wahrnehmungsvorschläge" bezeichnet. Seine Forschungen und Untersuchungen in einem kulturellen Kontext spezialisierter Fachgebiete bleiben frei von Werturteilen. Wissen wird transformiert, ohne seine Reichhaltigkeit, seine Ambivalenz, Widersprüchlichkeit und Komplexität aufzugeben. Werke weisen in die Vergangenheit und in die Zukunft und berufen sich auf ihre Kontexte, anstatt eine hegemoniale Autorenposition und Schließung vorzuschlagen. Weder didaktisch noch an eine ideologische Position gebunden, ist die Offenheit dieses Ansatzes Teil einer Praxis, die eine gelebte interpretatorische Unabgeschlossenheit mit sich bringt, die kontinuierlich zusätzliche Bedeutung gewinnt.

Der Betrachter wird Teil der Versuchsanordnung von Kellers Werken. Als aktiver intellektueller Forscher wird er oder sie manchmal in Machtpositionen oder bei Kontrollverlust mitverantwortlich gemacht: Als vorgeblich wissenschaftlicher Beobachter positioniert, werden Urteile in der Folge durch subtile Störungen, die sich aus der Beschäftigung mit dem Werk ergeben, in Frage gestellt. Vergleichbar mit dem literarischen Trope eines unzuverlässigen Erzählers schaffen Kellers Werke Situationen, die gewohnte Betrachtungspositionen sorgfältig destabilisieren: Sei es die buchstäbliche Infragestellung eines empathischen Kontrollverlusts durch das Beobachten von Testpersonen, die sich mit Lachgas berauschen, den Künstler dabei beobachten, wie er sich um seine Achse dreht, bis er ohnmächtig wird, oder die Komplizenschaft mit einem kolonisierenden Blick anthropologisches Filmmaterial zu betrachten.7

Während er den Betrachter auf stillschweigende oder explizite Weise einbezieht, bleibt Keller sich seiner eigenen Position in dieser Dynamik voll bewusst. Ein Modell für einen solchen diskursiven Austausch mit seinem Publikum/Betrachter ist ebenfalls integraler Bestandteil der Werke; es findet sich in seinen Dialogen, Gesprächen und Kollaborationen mit anderen, seien es Künstler, Wissenschaftler, Forscher oder Experten aller Art.8 Sowohl seine Subjekte als auch das Publikum werden immer als Gleichberechtigte angesprochen, ihre Autonomie ist gesichert. Kellers bereitwillige Übernahme verschiedener Rollen, als Produzent von Objekten, Anthropologe, Journalist oder Versuchsperson, zeigt sich in der Tat als subtile Selbstreflexion, als bewusste Anerkennung des Selbsternstes, der künstlerischen und wissenschaftlichen Untersuchungen gemeinsam ist.

Kellers Werk thematisiert Wissenschaft und Mythos, Technologie und Vorstellungen vom Selbst und verwickelt den Betrachter in einen fortwährenden, offenen künstlerischen Dialog, der die Galerie/Ausstellungsräume in einen Ort des Experiments, einen diskursiven Raum der gemeinsamen Forschung verwandelt.

—Isabelle Moffat

Christoph Keller, Verbal/Nonverbal, 2010, Einkanal-HD-Video, 20 Min Spieldauer

Fußnoten
1) Keller hat den Begriff "Observatorium" verwendet, um diesen Aspekt zu beschreiben.
2) Siehe seine Ausstellung Grey Magic von 2015 über die Theorie der "exzentrischen Empfindung" in Ernst Marcus und Salomo Friedlaender/Mynona, Retrograd - eine umgekehrte Chronologie der im Berliner Krankenhaus Charité 1900-1990 gedrehten medizinischen Filme (1999/2000) und Encyclopaedia Cinematographica (2001).
3) Paranomie, 2018, S. 36.
4) Siehe Cloudbuster Project (seit 2003), Small Survey of Nothingness (2014), die Ausstellung Aether - Von der Kosmologie zum Bewusstsein im Centre Pompidou, Paris, 2011 und Grey Magic.
5) Rosalind Krauss, "Sculpture in the Expanded Field", Die Originalität der Avantgarde und andere Mythen der Moderne, MIT Press, 1985, S. 288.
6) Auf der ersten Berlin Biennale ausgestellt, schuf die 10,5 Meter lange Rundumbild-S-Bahn eine verwirrende Raumerfahrung, die auf der visuellen Erfassung eines zeitlichen Prozesses beruht.
7) Siehe Verbal/ Nonverbal (2010), Wirbeln bis zum Umfallen (2008), Schamanen-Reisen (2002).
8) Dieser Schwerpunkt erinnert an Kellers Tätigkeit in Künstlerkollektiven in Berlin nach 1989. Anders als die Erfahrungen von Künstlern, die in den Meisterklassen der deutschen Kunstakademien ausgebildet wurden, war die Berliner Szene der 1990er Jahre von einer kollektivistischen Suche nach neuen künstlerischen und intellektuellen Rahmenbedingungen geprägt. Von der Neudefinition der künstlerischen Praxis und der Hinterfragung der Begriffe Autorschaft, Authentizität, Intentionalität und Ausstellungen als Präsentationen konkreter Objekte geprägt, hatten Kellers Kreise keine Meister und engagierten sich stattdessen, vielleicht eher in einer späten Resonanz auf Berlin-Dada, in kollektiven Diskursen, politischen Diskussionen und Aktionen.
 

Online Viewing Room

 

The Reading Corner

<b>Christoph Keller</b><br>

Christoph Keller

Paranomia
Mit Beiträgen von: Bernard Blistène, Horst Bredekamp, Jimena Canales, Sarah Demeuse, Heike Catherina Mertens, Ana Teixeira Pinto, Manuel Raeder, Detlef Thiel, Joseph Vogl, 2016
Softcover
Verlag: Spector Books
Sparche: Französisch, Englisch

Available here

<b>Ari Benjamin Meyers</b><br>

Ari Benjamin Meyers

Tacet in Concert
Verlag: Corraini Edizioni
Sprache: Englisch, mit italienischem Insert

Available here

Das erste Künstlerbuch von Ari Benjamin Meyers, Tacet in Concert, ist als letztes Kapitel eines dreiteiligen Projekts konzipiert und vervollständigt die mit seinen beiden Einzelausstellungen begonnene Reise: Tacet und Tacet in Concert. Die beiden Ausstellungen, die sich in Inhalt und Präsentation stark unterscheiden, fanden 2019 fast nacheinander statt, die erste im Kasseler Kunstverein und die zweite im OGR Turin.

 

Tune In – Gabriel Kuri – Bedtime Stories, The New Museum

Noch vor wenigen Wochen schrieb Gabriel Kuri in unserem Brief aus Berlin über seine Liebe zum Buch. Jetzt hat er eine Geschichte von Umberto Eco im Rahmen der Reihe Bedtime Stories des New Yorker New Museums aufgenommen (auf Englisch und Spanisch).
 

Tune in – Ari Benjamin Meyers – Volksbühne Online Streaming

Photo © Joachim Koltzer

Forecast (Part I/Concert Version)
von Ari Benjamin Meyers
Der US-amerikanische Künstler und Komponist Ari Benjamin Meyers arbeitet an den Schnittstellen von Musik, Theater, Performance und Live Installation und sucht die jeweils besonderen Register der verschiedenen Genres auszuspielen und deren unterschiedliche Wirkungsmechanismen in neue Verbindungen zu bringen.

Seine Arbeit Forecast, deren Premiere eigentlich für den 23.04. vorgesehen war, deren Proben und Premiere aber wegen der Corona-Pandemie in die nächste Spielzeit verschoben werden mussten, widmet sich dem Wetter als Phänomen und Ausgangspunkt für einen Abend über Vorhersehbarkeit und den Menschen als Erfinder der Zukunft mit seinem Bedürfnis nach Prognose, Kontrolle und Imagination.

Zwischen dem 11. und 15.05. traf sich das Forecast-Ensemble in der Volksbühne, um einen Ausschnitt des Abends als konzertante Session auf Video aufzuzeichnen.

(Text: Volksbühne)
 

Tune in – Podcast über Julia Schers Security by Julia

Julia Scher, Security By Julia IV, 1989, Performance
Ausstellungsansicht: Security By Julia IV, Whitney Biennial, New York, 1989
Photo © Julia Scher

In der Podcast-Reihe sprechen Prof. Dr. Astrid Mania, Studierende und Kolleginnen und Kollegen der HFBK in Hamburg sowie Gäste über Kunstwerke, die dem aktuellen Zeitgeschehen entsprechen, zum Nachdenken anregen, trösten und auch ein wenig unterhaltsam sein können. In dieser Folge spricht Astrid Mania über Julia Schers Werk Security by Julia. (auf Englisch)
 

The Art World Works From Home – Gabriel Kuri

Ein Blick in Gabriel Kuris Atelier.

Ein ausführliches Interview mit Gabriel Kuri vom 5. Juni 2020 auf artnet.

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